Entwicklung des Stadtteils
Das Teilgebiet „Victoriastadt“ entstand als „Colonie Victoriastadt“ zwischen 1872 und 1906. Der Verlauf des Kuhgrabens teilte das Areal in einen westlich, gewerblich genutzten Bereich mit den Anlagen der ehemaligen „Knorr-Bremse-AG“ - die heute inkl. Erweiterungsbauten hauptsächlich durch dieDeutsche Rentenversicherung belegt sind - und in einen östlich, zum Wohnen genutzten Teil. Diese Teilung ist noch heute durch die Grenze des dortigen Sanierungsgebietes ablesbar.
Im Gegensatz zum großräumigen Block- bzw. Straßenraster der Berliner Gründerzeit wurde in der „Victoria-stadt“ anfänglich auf tiefe Grundstücke verzichtet und an relativ schmalen Straßen eine offene Bebauungsstruktur mit zunächst drei Geschossen sowie Gärten im Hofbereich errichtet. Nach dem wirtschaftlichen Niedergang des Bauträgers wurde der vorstädtische Maßstab seit 1890 im Bereich der nördlichen Pfarrstraße sowie der Kaskelstraße durch vier- bis fünfgeschossige Gebäude verändert. Allerdings sorgen die einheitliche Frontbreite, der Rhythmus der Fassadengliederung und das reichhaltige Stuckdekor für ein weiterhin geschlossenes Erscheinungsbild in diesem Teilgebiet.
Der ehemalige Lichtenberger Kiez um die Lückstraße entstand um 1783 als Siedlung für Tagelöhner. Mit der Gründerzeit verdrängten Mietshäuser die ursprüngliche Bebauung entlang der Lückstraße, während im Bereich der Fischerstraße der kleinteilige Maßstab trotz Überformung weitgehend erhalten blieb.
Die Weitlingstraße verbindet den Bahnhof Lichtenberg mit der Lückstraße. In ihrem nördlichen Abschnitt ist sie die Einkaufsstraße des Stadtteils geblieben. Das Areal wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts parzelliert. Bis zum I. Weltkrieg erfolgte die Besiedelung in unmittelbarer Lage zum Bahnhof. Die kaiserzeitliche Bebauung der Weitlingstraße unterscheidet sich von der innerhalb des S-Bahnringes durch niedrigere Höhe, geringere Dichte und familiengerechtere Wohnungsgrößen. Die Miethausbebauung weist aufgrund der geringeren Grundstückstiefe in der Regel nur angedeutete Seitenflügel und kaum Gebäude im Hofbereich auf. Viele größere Wohnungen verfügten bereits mit ihrer Entstehung über ein Badezimmer mit Badeofen.
In den 20er und 30er Jahren wurde das unvollendet gebliebene städtebauliche Gesamtbild dieses Teilgebietes durch nahtlos anknüpfende Projekte des Reformwohnungsbaus vervollständigt. Maßgeblich sind hier die großen Wohnblöcke um die Marie-Curie-Allee zu nennen. Der Reformwohnungsbau basiert nicht auf der Parzelle, sondern auf dem Block bzw. der Blockzeile im Ganzen. Die Häuserfronten erscheinen daher nicht als Addition von Einzelhäusern in der Reihe, sondern als Reihung von Abschnitten und Hauseinhängen eines langgezogenen Baukörpers. Zudem bewirkt der Verzicht auf Läden und Gaststätten, dass das Haus keine nutzungsstrukturell begründete horizontale Gliederung aufweist. Da die meisten Anlagen des Reformwohnungsbaus im Weitlingkiez ohne besonderen gestalterischen Aufwand sind, steht hier Vielfalt und Lebendigkeit des gründerzeitlichen Außenraumes eine eher monotone Wirkung gegenüber.
Nach dem II. Weltkrieg wurde durch Lückenschließungen und in Zeilenbauweise im Sinne einer gegliederten, aufgelockerten und durchgrünten Stadt in der Tradition des Reformwohnungsbaus an diesem Stadtteil weitergebaut, bis schließlich in den 70er und beginnenden 80er Jahren das Gebiet nördlich um den U-Bahnhof Friedrichsfelde im komplexen Wohnungsbau geschlossen wurde. Dort entstanden in Großtafelbauweise hergestellte Wohngebäude, die überwiegend als 11-geschossige Wohnblöcke errichtet und mit Punkthochhäusern ergänzt wurden.
Die Einwohnerzahl in „Neu – Lichtenberg" als einem von drei Stadtteilen, die den Ortsteil Friedrichsfelde bilden, ist seit 1994 zurückgegangen: Zu Beginn der Sanierung hatte das Sanierungsgebiet Kaskelstraße 2508 Einwohner und das der Weitlingstraße 5001 Einwohner. Zum 31.12.2004 betrugen die Einwohnerzahlen 3284 Personen (Kaskelstraße) bzw. 5515 Personen (Weitlingstraße). Bemerkenswert ist der Einwohneranstieg in der Altersgruppe von 16 bis unter 25 Jahre um 351 Personen im Gebiet Weitlingstraße. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Weitlingkiez wegen seines umfangreichen Altbaubestandes und der vergleichsweise günstigen Mieten als Wohnstandort für Studenten, Auszubildende, Berufseinsteiger attraktiv ist. Dieses Phänomen tritt im Kaskelkiez nicht so in Erscheinung. Dort sind es die 27- bis 54jährigen, deren Anzahl um 174 stieg. Es ist ein Zusammenhang zu den angestiegenen Zahlen der 0 bis unter 10jährigen (+ 59) zu vermuten, wofür es zwei Erklärungsmuster gibt. Entweder ziehen Familien mit Kindern in das Gebiet oder Personen im familiengründungsfähigen Alter ziehen zu und bekommen Kinder. Beide Erscheinungsformen sind ein Anzeichen dafür, dass der Kaskelkiez als Wohnort für Familien mit Kindern beliebt ist. Diese Einschätzung deckt sich mit den Aussagen von Betroffenenvertretung, Mietern und Eigentümern aus dem Gebiet.
Victoriastadt
Der kleine Kiez hat eine enorme Aufwertung, verbunden mit einem fast kompletten Bewohneraustausch erfahren. Junge Familien, gut ausgebildet und situiert, oft in modernen Wirtschaftszweigen beschäftigt, prägen die Situation der Bewohnerschaft. Dies wird von einem hohen Maß an Selbstorganisation und Eigeninitiative im und für den Kiez begleitet. Aus dieser Identifikation mit dem Kiez erwachsen auch Forderungen zum Beispiel im Zusammenhang mit der prekären Parkplatzsituation und dem Durchgangsverkehr unter dem der Kiez seit Jahren leidet.
Weitlingstraße
Der Weitlingkiez, ebenfalls ehemaliges Sanierungsgebiet, zeichnet sich durch unterschiedliche Eigentümerstrukturen und Bebauungsstrukturen aus. Potential liegt in der weiteren Sanierung kleinteiliger Eigentumsstrukturen und weiterem Lückenbau. In Ergebnis der Sanierung, die mit Beteiligung der Bürgerschaft erfolgte, konnten diese bürgerschaftlichen Strukturen erhalten und an Strukturen der Trägerlandschaft im sozialen Bereich angeschlossen werden. Ein Defizit dieses Kiezes ist die geringe Ausstattung mit Grünflächen. Die Weitlingstraße, eine Lichtenberger Geschäftsstraße konnte sich nach der Wende und dem Verlust von Laufkundschaft durch die Einschränkung des Zugverkehrs im Bahnhof Lichtenberg, trotzdem als Geschäftsstraße behaupten, die wenig Leerstand aufweist.
Einwohnerstatistik Neu-Lichtenberg nach Altersgruppen (Stand: 31.12.2016)
Einwohnerstatistik Neu-Lichtenberg nach Geschlecht/ Herkunft (Stand: 31.12.2016)
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Frauen |
Männer |
Gesamt |
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Deutsche |
Nichtdeutsche |
Gesamt |
Absolut |
15.712 |
16.127 |
31.839 |
|
Absolut |
28.051 |
3.788 |
31.839 |
Prozentual |
49,3% |
50,7% |
100% |
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Prozentual |
88,1% |
11,9% |
100% |
Datenquelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
Zu den 2015/2016 erarbeiteten Zielen und Handlungsfeldern