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Der Bürgerhaushalt Lichtenberg erhält die Theodor Heuss Medaille

Am 20. April 2013 wurde der Bürgerhaushalt Lichtenberg in Stuttgart mit der Theodor Heuss Medaille geehrt. Der Bezirk erhielt diesen Preis für, so Ludwig Theodor Heuss - Vositzender der Thedor Heuss Stiftung -  in seinem Schlusswort, " das mittlerweile traditionsreiche Beispiel, wie auf kommunaler Ebene neue Wege der Bürgerbeteiligung genutzt werden können, um, zumindest für einen definierten  Etat, im direkten Austausch Entscheidungen und Gewichtungen für Vorhaben vorzunehmen, die das direkte Umfeld betreffen."
 
Der Beitrag im Programm zur Verleihung der renommierten Auszeichnung:
Gemeinsam Politik machen / Gemeinsam Stadt gestalten
 
Wer zahlt, bestimmt. So heißt es.
Jeder Bürger leistet mit seinen Steuern einen finanziellen Beitrag zur Staatskasse. Über die Verwendung dieser Gelder bestimmen dann in unserer repräsentativen Demokratie die Volksvertreter/innen in Bund, Ländern und Kommunen zum Wohle der Allgemeinheit. Diese Allgemeinheit ist jedoch sehr vielfältig und zeichnet sich durch unterschiedliche Vorstellungen und Bedürfnisse aus. Fast jeder hätte die eine oder andere Idee, wie die öffentlichen Gelder am Besten zu verwenden sind. Doch werden solche Vorschläge selten gehört, scheinen die Entscheidungsträger doch oft unerreichbar zu sein. Gerade vor Ort, also am Lebensmittelpunkt, fühlen sich viele bei der Entscheidung übergangen, was mit ihrem Geld geschieht. Sie wünschen sich mehr Beteiligung an diesen wesentlichen Entscheidungen. Die Menschen wünschen sich mehr greifbare Demokratie.
 
ln Berlin-Lichtenberg ist dieser Wunsch Wirklichkeit geworden. Wer in Lichtenberg lebt oder arbeitet, darf einen Teil des Bezirkshaushalts mitgestalten, “weil über öffentliches Geld auch öffentlich diskutiert werden soll“, so Bezirksbürgermeister  Andreas Geisel. Er verfeinerte jüngst die Verfahrensabläufe beim Bürgerhaushalt, der 2005 als erster Bürgerhaushalt in einer deutschen Großstadt eingeführt worden war.
 
Trotz zusätzlicher Arbeit und Kosten entschied sich Lichtenberg für eine lebendige und bürgernahe Demokratie.
 
Wir rechnen mit Ihnen!
Dieses Motto des Bürgerhaushalts Berlin-Lichtenberg ist in doppeltem Sinne wörtlich zu verstehen. Denn die Bürger/innen entscheiden im Dialog mit Politik und Verwaltung über die Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel und können damit direkten Einfluss auf ihr Wohnumfeld nehmen. Gleichzeitig sind sie dazu angehalten, diese Chance auf Beteiligung auch zu nutzen und Verantwortung für kommunale Belange zu tragen. Transparenz und Dialog zwischen Politik, Verwaltung und Bürgertum - das sind die unabdingbaren Voraussetzungen, damit solches Miteinander gelingt. Die Bürgergesellschaft wird gefördert, aber auch gefordert.
 
Etwa 30 Millionen  Euro des Bezirksbudgets sind beweglich. Diese Mittel sollen den Bedürfnissen der Bürger entsprechend effektiv eingesetzt werden. Dazu dürfen die  Lichtenberger/innen themenbezogene Vorschläge einreichen. Zur Mitgestaltung aufgefordert sind so immerhin ca. 260.000 Menschen. Jede/r von ihnen hat die Chance mitzubestimmen, welche Ausgaben das Bezirksamt tätigt für Gesundheitsförderung, Kinder- und Jugendförderung, ehrenamtlichen Dienst für Senioren, kulturelle Angebote (Bibliotheken, Musik- und Volkshochschule, Sport), Stadtteilprojekte, Grünflächen und Spielplätze, sowie Wirtschaftsförderung.
 
 
Jeder kann sich einbringen.
Zur Umsetzung des Bürgerhaushalts wurde ein Verfahren entwickelt, das es den Bürgern leicht macht, sich zu beteiligen und sich auch über die weitere Entwicklung zu informieren. Die einzelnen Schritte werden jährlich reflektiert und gegebenenfalls verbessert. Vorschläge können ganzjährig und auf verschiedene Weise eingereicht  werden, so dass jede/r im Rahmen seiner/ihrer Möglichkeiten partizipieren kann: über die Homepage, traditionell per Post oder persönlich vor Ort. Informationsmaterialien und - Veranstaltungen machen auf das Projekt aufmerksam. Auch sprachliche Schwierigkeiten stellen in Lichtenberg keine Barriere dar. Flyer werden für die beiden größten Migrantengruppen zusätzlich in Russisch und Vietnamesisch verfasst. So gelingt zugleich Integration.
 
 
Was sich aus den Vorschlägen entwickelt, wird für alle Bürger transparent gemacht: Jeder Vorschlag kann auf der Website des Bürgerhaushalts nachverfolgt  und diskutiert werden. Ein Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung entsteht. Ein Begleitgremium entscheidet dann zusammen mit den Initiatoren der Vorschläge, wie weiter verfahren wird.
 
Eine Möglichkeit ist die Umsetzung durch den Kiezfond unter Vorsitz einer Bürgerjury. Jeder Stadtteil verfügt über einen solchen Fond mit je 7.000 € aus dem Bezirkshaushalt. Wer z.B. ein Nachbarschaftsprojekt ins Leben rufen oder ein Schulhaus renovieren möchte, erhält auf diesem Weg schnelle Unterstützung. Über weiterreichende Vorschläge, die im laufenden Haushaltsjahr realisiert werden können, entscheidet die Bezirksverordnetenversammlung in öffentlicher Sitzung. Was sich nicht im laufenden Haushaltsjahr umsetzen lässt, geht in das Votierungsverfahren ein. Diese Abstimmung, bei der die Bürger Prioritäten setzen, wird ebenfalls online, persönlich oder schriftlich, z.B. per Haushalteabstimmung (eine Art Briefwahl), durchgeführt. Die Ergebnisse der Abstimmung werden an die Bezirksverordnetenversammlung weitergeleitet. Befürwortet diese einen Vorschlag, übergibt sie der Verwaltung entsprechende Aufträge für den nächsten Haushalt. Die Website des Bürgerhaushalts berichtet immer aktuell über den Stand des jeweiligen Verfahrens. Über die abschließende Umsetzung oder Ablehnung  eines Vorschlags legt die Politik quartalsweise Rechenschaft ab. Der Bürgerhaushalt wird zur gelebten Demokratie für alle. Die Beteiligung zahlt sich aus. Viele Initiativen zur Verbesserung des gesellschaftlichen Lebens wurden bereits umgesetzt: Radwege wurden erweitert, Schulwege sicherer, Kitaplätze, soziale Treffpunkte und vielerlei Bildungsprojekte geschaffen.
 
Der Bürgerhaushalt Berlin-Lichtenberg legitimiert sich durch große Transparenz und Bürgerbeteiligung. Er verdient unfraglich die Auszeichnung für einen neuen demokratischen Weg. Er steht als Vorbild für andere Städte und Kommunen.
 
Texte : Alessia Scheel

Schlagworte:
theodor heuss medaille, auszeichnung, ehrung